Promotionsnoten – Unter „summa“ gehtʼs nicht?

Zwischen den einzelnen Fachbereichen und Hochschulen schwankt die Anzahl der vergebenen Bestnoten mitunter sehr deutlich.
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Als ein Freund seine Doktorarbeit abgegeben und verteidigt hatte, trübte eines seine Freude: „Ich habe nur ein ‚magna‘ bekommen. Das ist ein Makel, vor allem wenn ich in der Wissenschaft bleiben will.“ Ein „magna cum laude“ ist die zweitbeste Note, die man für eine Promotion bekommen kann. Wie kam er zu dieser Einschätzung? Ist die Bestnote „summa cum laude“ nicht eine besondere Auszeichnung? Oder ist sie der eigentliche Standard?

Um das herauszufinden, hilft ein Blick auf die Website „Informationssystem Promotionsnoten“ des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Visualisiert in interaktiven Diagrammen lassen sich dort die in Deutschland vergebenen Promotionsnoten und insbesondere der Anteil der „summa cum laude“-Promotionen nach Hochschulen und Fachbereichen aufgeschlüsselt abrufen. Als Datenbasis dienen die Angaben über abgeschlossene Promotionen, die deutsche Hochschulen alljährlich an das Statistische Bundesamt (Destatis) liefern. Regelmäßige Updates ermöglichen auch Vergleiche zwischen verschiedenen Jahrgängen.

Schaut man sich nun Fachbereich und Hochschule meines Freundes an, so hat dort jeder Dritte seiner Mitpromovierenden mit „summa cum laude“ abgeschlossen. Gleichzeitig hat an vier anderen Hochschulen im gleichen Fach niemand die Bestnote erhalten. Ein uneinheitliches Bild, das offenbar nicht untypisch ist.

Betrachtet man deutschlandweit die Zahlen, mit denen das System kürzlich für den Zeitraum zwischen 2016 und 2018 aktualisiert worden ist, scheint die Vergabe der Bestnote insgesamt sehr unterschiedlich gehandhabt zu werden. So stehen neben Hochschulen, an denen fast die Hälfte aller Promovierenden mit „summa cum laude“ abschließen, andere, die sie kaum oder gar nicht vergeben. Es finden sich Fachbereiche, wie die Wirtschaftswissenschaften, in denen im Bundesdurchschnitt über 30 Prozent mit der Bestnote ausgezeichnet werden, während dies in der Zahnmedizin gerade einmal 4 Prozent der Promovierenden erreichen.

Bekannt ist diese inkohärent wirkende Vergabepraxis seit vielen Jahren. Das „Informationssystem Promotionsnoten“ wurde 2012 vom damaligen Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (IFQ, heute DZHW) als Reaktion auf eine zunehmende Kritik daran entwickelt und wird seitdem regelmäßig aktualisiert. Unter anderem in einem Positionspapier des Wissenschaftsrats wurde mit Skepsis beobachtet, dass die Bandbreite der Promotionsnoten nicht ausgeschöpft werde. Befürchtet wurde eine „Noteninflation“, eine Entwertung des „summa cum laude“.

Wissenschaftler am IFQ und DZHW analysierten in mehreren Beiträgen seit 2012 die jeweils aktuellen Zahlen und beobachteten dabei auch immer wieder, dass große Unterschiede zwischen Fachkulturen und Hochschulen existieren, die sich bisher nicht plausibel erklären ließen. Die Notenvergabe erwecke den Eindruck, dass sie in vielen Fächern weniger durch Qualität und Leistung der Promovierenden als durch die lokal übliche Praxis bestimmt werde und zumindest in manchen Fächern habe die Note jeden Aussagewert verloren, so das Urteil der Forschenden. Ferner wurde ein Trend zu einer immer häufigeren Vergabe der Bestnote beobachtet, der aber zuletzt zu stagnieren scheint.

Wovon die Vergabe letztlich abhängt und welche Bedeutung diese für eine wissenschaftliche Karriere hat, kann das „Informationssystem Promotionsnoten“ selbst nicht beantworten. Aber auch dazu werden vom DZHW Daten erhoben und analysiert. Neben vielen anderen Themen untersucht die 2019 gestartete Längsschnittstudie National Academics Panel Study (Nacaps) unter anderem die Begutachtungs- und Betreuungspraxis bei Promotionen und begleitet die Karriereverläufe Promovierender und Promovierter. In einigen Jahren wird sich in den Verlaufsdaten dann auch ablesen lassen, wie sich die Noten auf die Laufbahn auswirken.