Hier werden nur Engagierte engagiert

Eine Möglichkeit, seine Dissertation zu finanzieren, ist ein Stipendium einer politischen Stiftung. Bei der Bewerbung geht es auch um Weltanschauliches.
Felix Mittermeier/Pixabay

Trotz parteinaher Positonierung agieren die politischen Stiftungen parteiunabhängig. Die Finanzierung erfolgt vorwiegend über Bundesmittel. Im Normalfall fließen diese ab der zweiten Legislaturperiode, die eine Partei nacheinander im Bundestag vertreten ist, weshalb die AfD zurzeit noch keine Mittel für die Finanzierung einer politische Stiftung erhält. Innerhalb des Repertoires politischer Stiftungen soll die weltanschauliche Vielfalt der deutschen Gesellschaft widergespiegelt werden.

Die politischen Stiftungen haben auch Promotionsstipendien im Angebot. Überdurchschnittliche Leistungen und ein gut durchdachtes, für die Weiterentwicklung des jeweiligen Faches relevantes Forschungsvorhaben sind ebenso Auswahlkriterien wie gesellschaftliches Engagement. Für die Zulassung muss man an einer staatlichen oder staatlich anerkannten deutschen Hochschule ohne Auflagen zur Promotion zugelassen sein. Exposé, Motivationsschreiben, zwei Gutachten von Hochschullehrer sowie ein Lebenslauf werden von allen Stiftungen gefordert. Eine Identifikation mit den Werten der jeweiligen Stiftung wird vorausgesetzt, wobei Parteimitgliedschaft keine Pflicht ist.

Das Stipendium beträgt pro Monat 1350 Euro, hinzu kommt eine Forschungskostenpauschale von 100 Euro. Für die Betreuung von Kindern können Zuschüsse gewährt werden. Die Stipendien laufen (außer wenn Kinder betreut werden) zwei bis drei Jahre. Daneben gibt es ein breites Angebot ideeller Förderung: Seminare, Weiterbildungsmöglichkeiten, wissenschaftliche Begleitung und Vernetzung in Hochschulgruppen oder Arbeitskreisen, teilweise auch im Ausland. Eine aktive Beteiligung wird erwartet.

Konrad-Adenauer-Stiftung

Die der CDU nahestehende Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) beruft sich auf christlich-demokratische Werte. Die Leiterin der Hauptabteilung Begabtenförderung und Kultur, Susanna Schmidt, hebt hervor:

 „Unser Graduiertenstipendium bietet neben der finanziellen Unterstützung von 1450 Euro im Monat interdisziplinären und gesellschaftspolitischen Austausch sowie den Zugang zu einem internationalen Netzwerk.“

Für ihre Promotionsförderung sucht die KAS akademisch herausragende und gesellschaftlich engagierte Menschen, die sie für die Übernahme von Führungspositionen vorbereiten sowie bei ihrem Promotionsprojekt unterstützen möchte. Eine generelle Offenheit, sich auch außerhalb seines Fachthemas einzubringen, wird erwartet. Die KAS bietet dafür ein internationales Netzwerk und unterstützt den Austausch durch eine Vielzahl von Veranstaltungen.

Bewerben kann man sich zweimal pro Jahr, jeweils zum 15. Januar und 15. Juli eines Jahres. Drei Monate nach der Bewerbung werden erfolgreiche Bewerber an einem Auswahltag von einer dreiköpfigen Kommission geprüft.

Die beiden Promotionskollegs – mit gesonderten Bewerbungsverfahren – „Soziale Marktwirtschaft“ und „Sicherheit und Entwicklung im 21. Jahrhundert“ bieten neben einem Stipendium ein wissenschaftliches Begleitprogramm sowie Berufsorientierungsmöglichkeiten. Es kann auch gezielt auf die Auswahlverfahren des Auswärtigen Amtes und der Europäischen Institutionen vorbereitet werden.

Heinrich-Böll-Stiftung

Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) steht den Grünen nahe und vertritt die Werte Ökologie und Nachhaltigkeit, Demokratie und Menschenrechte, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit. Die Leiterin des Studienwerks der Heinrich-Böll-Stiftung, Ulla Siebert, versteht Nachwuchsförderung als Beitrag zur demokratischen Kultur:

„Demokratie braucht eigenverantwortliche, urteilsfähige Demokratinnen und Demokraten. In allen gesellschaftlichen Sphären, ob in der Wissenschaft, in der öffentlichen Verwaltung, in der Zivilgesellschaft, in Wirtschaft oder Publizistik: Einmischung erwünscht!“

Neben herausragenden Leistungen zählt auch für die HBS Engagement, das vielfältig sein kann. Sie fördert Menschen, die in Zukunft Verantwortung in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen übernehmen wollen.

Bewerben kann man sich zweimal jährlich, jeweils zum 1. März und 1. September - ausschließlich online. Bei Eignung folgt ein Gespräch mit Vertrauensdozenten sowie ein Auswahlworkshop. Es ist auch möglich, sich auf den Förderschwerpunkt „Transformationsforschung“ zu bewerben. 

Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) steht der SPD nahe und vertritt die Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Pia Bungarten, Leiterin der Abteilung Studienförderung, hebt hervor:

 „Chancengleichheit, Bildungsgerechtigkeit und eine vielfältige Gesellschaft sind die politischen Anliegen der Abteilung Studienförderung. Wir machen mehr als ‚nur‘ Begabtenförderung: Wir fördern akademisch überzeugende Nachwuchskräfte, die Verantwortung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft übernehmen.“

Eine Fokusgruppe der FES sind Menschen aus bildungsfernen Schichten. Neben wissenschaftlicher Exzellenz ist eine Sensibilität für aktuelle politische Themen eine wichtige Komponente. Die Promovierenden lernen, über den Tellerrand ihres Promotionsprojektes hinaus zu schauen.

Bewerben kann man sich jederzeit online. Nach erfolgreicher Prüfung folgen zwei Gespräche mit Vertrauensdozenten. Die Promotionsförderung bietet jährlich eine wissenschaftliche Konferenz zu einem aktuellen Thema an, bei der Doktoranden und etablierte Wissenschaftler verschiedener Disziplinen miteinander Forschungsarbeiten diskutieren.

Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Linken-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) verfolgt die Werte Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Solidarität. Diesen Schwerpunkt setzt sie auch bei Stipendiaten, wie Katrin Schäfgen, Direktorin des Studienwerks der Rosa-Luxemburg-Stiftung, hervorhebt:

 „Doktorand_innen der Rosa-Luxemburg-Stiftung erhalten neben dem Stipendium viel Raum zur Selbstorganisation und zu politischer Vernetzung, die dazu beiträgt, die Welt zu einer besseren und gerechteren zu machen.“

Die Stiftung fördert laut eigener Aussage junge Intellektuelle und möchte ihnen entsprechenden Freiraum für geistige Entwicklung, politische Arbeit und Vernetzung lassen. Das Engagement der Bewerberinnen ist – neben herausragenden Leistungen – entscheidend für die Aufnahme in die RLS.

Bewerben kann man sich zum 1. April und 1. Oktober. Bei Eignung folgt ein Gespräch mit einer Vertrauensdozentin. Ein Graduiertenkolleg „Rechtspopulismus im europäischen und transatlantischen Kontext“ nimmt 2018 seine Arbeit auf und fördert Arbeiten aus diesem Themenbereich mit momentan fünf Promotionsstipendien und einem Habilitationsstipendium.

Friedrich-Naumann-Stiftung

Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNS) steht der FDP nahe. Sie vertritt die Idee des Liberalismus. Die Graduiertenförderung zeichnet vor allem ein Wert aus, wie Mario Burow, Bereichsleiter Politische Bildung, betont:

„Selbstorganisation – dazu gibt es sogar eine eigene interdisziplinäre Initiative der Stipdendiat_innen. I-Prom hilft dabei, neue Perspektiven für das eigene Forschungsthema zu entwickeln. Wissenschaft lebt von Eigeninitiative.“

Die FNS sucht fachlich herausragende Persönlichkeiten mit liberal-orientiertem Problembewusstsein und Engagement. Während der Promotionszeit fördert die Stiftung den trans- und interdisziplinären Austausch. Sie bietet Workshops zur Kompetenzorientierung im wissenschaftlichen Bereich an und unterstützt die Karriereplanung. Bestandteil der ideellen Förderung ist auch eine Auslandsakademie.

Bewerben kann man sich jeweils zum 30. April und 31. Oktober. Bei Eignung wird mit einem Mitglied des Auswahlausschusses ein Gespräch geführt. Die FNS bietet darüber hinaus wechselnde Sonderstipendien an, die aktuelle liberale Schwerpunkte bilden.

Hanns-Seidel-Stiftung

Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) steht der CSU nahe, fördert jedoch nicht nur in Bayern, sondern bundesweit. Sie folgt den Werten Demokratie, Frieden und Entwicklung. Begabtenförderung ist ihr wichtig, wie Hans-Peter Niedermeier, Leiter des Instituts für Begabtenförderung, betont:  

„Junge begabte und gesellschaftspolitisch engagierte Leute bei ihren ersten Schritten in die Wissenschaftswelt zu unterstützen, ist eine wichtige und ehrenvolle Aufgabe. Die Hanns-Seidel-Stiftung will diese Aufgabe im Rahmen ihrer ideellen und finanziellen Förderung bestmöglich und verantwortungsvoll erfüllen.“

Die HSS sucht Personen unter 32 Jahren, die fachlich qualifiziert und gesellschaftlich engagiert sind. Der Besuch einer Promotionsfachtagung im Jahr ist verpflichtend, ebenso der Besuch mindestens zweier mehrtägiger Veranstaltungen im Förderzeitraum.

Bewerben kann man sich zum 15. Januar und 15. Juli. Die Unterlagen sind postalisch einzureichen. Bei Eignung folgt ein etwa einstündiges Gespräch vor einem Prüfungsausschuss.

Die politischen Stiftungen bieten Promotionsstipendien für zwei bis drei Jahre in einem wertegebundenen Umfeld. Sie bieten neben finanzieller Unterstützung auch Wertschätzung sowie Förderung gesellschaftlichen Engagements sowie interdisziplinären Austausch.